Iwona Mickiewicz
Zu den Welten von Gertrud Kolmar
Übersetzungsarten in meiner künstlerischen Arbeit:
Sprachen und Bilder
Texte, Fotos, Zeichnungen, Collagen, Objekte
Galerie Albrecht, Berlin 2012
„Es ist nun glücklicherweise nicht so, dass ein Dichter nur in seiner Muttersprache reden kann und muss, sonst hätte ich keine Hoffnung, je mit meiner Vätersprache zu dichten. Durchaus nicht; Dichter fremder Herkunft haben die Kunst ihrer neuen Heimat häufig um Töne und Farben bereichert, die der „Eingeborene“ nie gefunden hätte. …“ Gertrud Kolmar, aus einem Brief an ihre Schwester Hilde, 24.11.1940
„Und ich fühle eine Nähe nur zwischen mir und dem Früheren, was mir „jetzt“ geschieht, ist für mich das Unwirkliche, das Ferne. Wenn ich nicht eigentlich träume, so wache ich doch auch nicht; ich wandle gleichsam durch eine Zwischenwelt, die keinen Teil an mir hat, an der ich keinen Teil habe. …“ Gertrud Kolmar, aus einem Brief an ihre Schwester Hilde, 2.6.1941
…
Als sie die lange steinerne Brücke betraten,
Riß Sonne den Nebel von sich wie ein Gewand,
Und die Stadt stieg auf, schräg hinter dem breiten Becken des Flusses.
…
Gertrud Kolmar, Die Stadt
Gertrud Kolmar (geb. 10. Dezember 1894 als Gertrud Käthe Chodziesner, am 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert, ihr Todestag ist unbekannt) war eine der bildmächtigsten Dichterinnen des 20. Jahrhunderts. 1917 erschienen ihre ersten Gedichte, 1934 der Lyrikband Preußische Wappen. Die Frau und die Tiere, erschienen 1938, wurde nach der „Reichskristallnacht“ eingestampft.
Wie wichtig ihr der 1937 entstandene Zyklus Welten war, bezeugen Passagen in den Briefen an ihre Schwester: „Es geht mir mit meinen kleinen Werken wie einer Mutter mit ihrem neugeborenen Kind; natürlich freut sie sich über die Begeisterung des Vaters, der Großeltern, die Glückwünsche der Verwandten, jedoch die Hauptsache bleibt, die größte Freunde ist ihr, dass sie es zur Welt gebracht hat. So sind mir meine liebsten Dichtungen die beiden letzten (und besten) die, weil noch unveröffentlicht, noch gar keinen Widerhall fanden…“